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Der Bahnhof  (Erfurt-) Gispersleben

Erfurt-Gispersleben Str.: Wolkramshausen-Erfurt
Interim.jpg
Gispersleben

Der Bahnhof Erfurt-Gispersleben liegt am km 62,27 der Strecke Wolkramshausen - Erfurt. Seine Höhe über dem Meeresspiegel liegt bei 175,537 Metern. 

Aus Richtung Norden kommend, der Ausgangsbahnhof Nordhausen kündigt es quasi an, führt die Strecke weiter nach Süden an ihren Zielpunkt Erfurt-Hauptbahnhof. Benachbarte Bahn-

höfe entlang der Strecke sind Kühnhausen und Erfurt-Nord. 

Das Vorsignal Va liegt entsprechend dem mir vorliegenden Plan bei km 60,986, das Einfahrsignal A bei km 61,678. Die Zählung be-

ginnt bei km 0,00 in Wolkramshausen; aus diesem Grunde erfolgt die Kennzeichnung der Signale und Weichen je Bahnhof  fortlaufend in dieser Richtung. Signale werden mit Buchstaben bezeichnet,  Weichen hingegen mit Zahlen.  Das Signal A war zweiflügelig, die

Einfahrweiche erlaubte Einfahrten in beide Bahnsteige. Die als Schutzweiche fungierende Weiche 2 ist auf diesem Plan  vorhanden, das war aber früher nicht der Fall und heute besteht sie auch nicht mehr.

Es bestehen noch heute zwei Bahnsteige, der Bahnsteig 2 ist das durchgehende Hauptgleis, abzweigend von Norden kommend er-

reichte man über die Weichenverbindung 1/2 den Bahnsteig 1. Weiterführend fuhr man über Weichen 17/18 zurück auf  das Haupt-gleis. Kreuzungen von Zügen, das heißt, dass Ein- und Ausfahren von  Zügen  auf  verschiedenen Bahnsteigen unter signaltech-

nischer Abhängigkeit sind somit möglich. Die Ausfahrt aus Gleis 2 in Richtung Erfurt sicherte das Ausfahrsignal D, die Ausfahrt aus

Gleis 1 war durch das Ausfahrsignal E gedeckt. Aus Richtung Erfurt erlaubte das Einfahrsignal F die Einfahrt; analog der Einfahrt aus

Richtung Kühnhausen war es zweiflügelig. Im Bereich des Bahnhofes Erfurt-Gispersleben gab es vier beschrankte Bahnübergänge.

Zwei davon sicherten Feldwege, zunächst am km 61,7 und ein weiterer am km 61,9; beide wurden vom Posten 37  aus bedient. Die Drehbewegungen  der Kurbeln wurden mittels Drahtzugleitungen zum Schrankenantrieb transportiert.

Die Wegübergänge waren ein Tribut der Bahn gegenüber den Bauern, deren Felder durch den Eisenbahnbau durchschnitten wurden. Hier eine Erinnerung an den Schrankenposten 37.

Ehemaliger Schrankenposten 37 zwischen Kühnhausen und Gispersleben

.Foto: Gerald Wohlfahrt

Man kann hier sehr viel herauslesen, denn er war schon nicht mehr in Betrieb. Die Überwegplatten wurden bereits heraus-nommen. Der Fernsprechschrank auf dem Betonsockel rechts neben dem Hektome-

terstein sagt aus, dass die Fernmeldefreilei-

tung, die links neben der Strecke verlief, schon nicht mehr existierte. Der Fern-

sprechverkehr sowie die signaltechnischen Verbindungen wurden über das 58-paarige erdverlegte Streckenfernmeldekabel ge-

führt. Ein Relikt aus der Frühzeit der Eisen-

bahn war auch noch vorhanden, nämlich

das Läutewerk, mit dem je nach Läutezei-

zeichen die Richtung eines herannahenden Zuges deutlich wurde. Selbstverständlich wurde der Abfahrauftrag  (Das Heben der "Kelle")  in Gispersleben oder Kühnhausen erst nach geschlossener  Schranke erteilt.

Für technikbegeisterte Betrachter füge ich das Schaltbild bei.       Quelle:  siehe unten

Zugmelde- und Läutewerksleitung
Telegraphenbauordnung, Gispersleben, Bahnhof damals

Auch hier kann man wieder ganz viel erken-

nen:  Wir sehen das Einfahrsignal A aus Kühn-

hausen kommend. Es zeigt den Signalbegriff Hf2. Für den Lokführer (nicht Zugführer !) heißt das: Fahrt mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h. Anders gesagt: Über die Weichen- verbindung 1/2 erfolgt die Einfahrt in den Bahnsteig 1. Der Lokführer oder allgemeingül-

tiger formuliert,  der Triebfahrzeugführer der Diesellok der Baureihe 232 ist ja streckenkun-

dig und weiß das.

Links neben dem Einfahrsignal sind der breite Kühlturm und die beiden Schornsteine (einer verdeckt den anderen) des ehemaligen Gas-

turbinenkraftwerk zu sehen. Näheres dazu un-

ter ANSCHLUSSBAHNEN UND -GLEISE.

Einfahrsignal A, Gispersleben, BR 132,
Lichtsignal A,Gispersleben,

Die heutige Ansicht des Einfahrsignales A ist noch die seit mehr als dreißig Jahren, aller-

dings sind die Tage gezählt. Mit der Anbindung des Bahnhofes Erfurt-Gispersleben an das Elektronische Stellwerk ist der Anblick vorüber.

Allerdings: Menschen, die dort beschäftigt sind, wird es nicht mehr geben. Aber das ist nicht abzuwenden. Ich habe schon an anderer Stelle hier von der Blütezeit des Bahn-

hofes geschrieben. Es gab einmal einen Vorsteher, einen Fahrdienstleiter (zeitweilig Aufsicht), einen Stellwerkswärter, einen Bahnhofshelfer (er kurbelte die Schranken am Bahnsteig und erledigte den Güterumschlag in der Güterabfertigung), eine/n Fahrkar-

tenverkäufer/in und einen Schrankenwärter am Posten 37. Setzt man bei Fahrdienstlei-

ter , Stellwerkswärter und Schrankenwärter einen Vierbrigadeplan für eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung an, dann wären damals 16 Personen in Lohn und Brot gewesen.

Es folgt der dritte beschrankte Bahnübergang und der ist ohne Zwei- fel der bedeutenste und liegt am Bahnkilometer 61,135. Er trennte die Bahnhofstraße und den Schmalwasserweg. Auf der Skizze rechts ist die Bahnhofstrasse unterhalb der Bahngleise zu sehen; sie ist im Menü-

punkt EINLEITUNG bereits erwähnt. In Menüpunkt ANSCHLUSS-

BAHNEN unter Kraftwerk Gispersleben befährt die Werklok 2, die tschechoslowakische T334,  diesen Bahnübergang.  Oberhalb, als  "Straße"  bezeichnet, liegt der Schmalwasserweg. Das galt bis zur Neu-

ordnung der Straßennamen. Anfangs gab es Schrankenpaare, für Fuß-

gänger und Straßenfahrzeuge getrennt. Später sicherte eine Voll-

schranke die gesamte Straßenbreite einschließlich der Fußwege. Eine in ihren Dimensionen gewaltige Schrankenbaumlänge. Den Kollegen der Signal- und Fernmeldemeisterei graute es immer, wenn Kraftfahrer die Schranke beschädigten. In der Signalwerkstatt des Signal- und Fernmeldewerkes musste dann  ein neuer Schrankenbaum gefertigt werden. Besonders bitter war das dann, wenn nach nur kurzer Zeit die Schranke wieder zerfahren wurde. 

Bernauer Straße, Bahnhofstraße, Schmalwasserweg
scan 101_gerald.jpg
DR Signal- und Fernmeldewerk
DR Signal- und Fernmeldewerk

Falls eine Kontaktaufnahme erwünscht ist, finden Sie oben das Typenschild und den Dienststempel des Herstellerwerkes.

Eine weitere unbedingt erwähnenswerte Besonderheit ist die Gleiswaage, die sich am Bahnkilometer 62,5 befand und im Gleis 5 einge-baut war. Dort lag sie in unmittelbarer Entfernung zur Gleissperre III/Weiche 11. Im Bereich der beiden Anschlussbahnen waren weite-re Gleiswaagen zu finden.

Der vierte beschrankte Bahnübergang liegt nahe am Bahnkilometer 63,0. Er erlangte größere Bedeutung, als der Thüringer Stahlbau die ehemalige "Erfurter Straße"  in

Gispersleben-Viti   vereinnahmte und eine Kranbahn dort errichtete. Damit war die direkte Straßenverbindung in Gispersleben zum Thüringer  Stahlbau unterbrochen. Für Fußgänger und Radfahrer wurde ein schmaler Weg gelassen.

Die mechanischen Vollschranke wurde über Drahtzugleitungen vom Wärterstellwerk "Go" bedient,  was in der Eisenbahnersprache Gispersleben Ost bedeutet.

Diesen Wegübergang gibt es noch heute; die Besonderheit liegt darin, dass es einer der wenigen Halbschranken der Bauart WSSB heutzutage ist. Das ist aber wieder Eisenbahn-Chinesisch. Das "Werk für Signal- und Sicherungsrechnik Berlin"  war ein DDR-Betrieb, der  einer der ganz wenigen Bahntechnik-Zulieferer war. Dieser Betrieb lieferte hochmoderne technische Systeme und Komponenten, allerdings verschach- erte  der DDR-Außenhandel diese für Devisen. Nur ein geringer Anteil seiner Produkte kam bei der Deutschen Reichsbahn an.

Die Kehrseite der Medaille bedeutete für die Reichsbahn, dass eine Moderisierung ih-

rer meistens aus Vorkriegsproduktion (leider beider Weltkriege) stammenden Technik nur in Eigenbetrieben erbracht werden konnte. Ich komme jetzt darauf zurück, dass der Bahnhof Erfurt-Gispersleben ein Elektromechanisches Stellwerk besitzt. Es wurde 1912 bei Siemens & Halske entwickelt und wurde in der DDR als Rationalisierungsmit-

tel bejubelt. Na ja, die Farbscheibenüberwachung am Stellpult wurde durch bunte Lampen ersetzt. Im Zuge der Einrichtung dieser Stellwerkstechnik erhielt das Stellwerk "Go" den neuen Namen "W1". Das heißt wieder übersetzt   "Wärterstellwerk 1".

Ach so, den Stempel eines der Eigenbetriebe habe ich oben rechts gezeigt. Hier wurden die Relaisbaugruppen für Elektromechanische Stellwerke hergestellt. Mit der in der nebenstehenden Skizze zu sehende "Straße" ist der Mühlweg gemeint.

Bahnübergang Mühlweg, Stahlbau, Gispersleben,
1974-Sommer Erfurt-Gispersleben.jpg

Die schwere Dampflok 44 0890-2 hat  einen langen Güterzug am Haken und wird gleich den Überweg passieren. Links sieht man die ungleichen Schornsteine des Gasturbinenkraft-werkes.

Vielen Dank an Andreas Heyduck, der dieses Foto aus dem Jahre 1974 zur Verfügung gestellt hat.

Nun möchte ich gar nicht die vielen Stellwerkstypen- und Bauformen bei der Reichsbahn aufzählen, aber wenn ich schon das Wärterstell-

werk hier anführe, dann muss man der Vollständigkeit auch sagen, dass es auch ein Fahrdienstleiter-Stellwerk gibt, man nimmt es aber nicht wahr, weil es im Empfangsgebäude untergebracht ist und nicht in einem dafür eigens errichteten Gebäude. Man erkennt es aber sofort im Menüpunkt ANSICHTEN, wenn man auf die Fotos schaut. Fahrdienstleiter und Wärter arbeiten korrespondierend zusammen. Einerseits liegt es daran, dass die Stellentfernungen in der mechanischen Sicherunstechnik nicht unendlich lang sein können, andererseits ist somit auch ein Vieraugenprinzip gewahrt, was die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes erhöht. Chef ist der Fahrdienstleiter, sein Arbeitsplatz ist im Befehlsstellwerk B1. In Gispersleben gab es zusätzlich die Besonderheit, dass der Fahrdienstleiter sich die Rote Schirmmütze aufgesetzt hat mit der "Kelle"  Abfahraufträge für Züge erteilte. Das erledigte er in der Funktion der  "Aufsicht".  Das wird oft verwechselt.

Das Einfahrsignal F aus Richtung Erfurt Nord zeigt den Fahrtbegriff Hf 1  und steht am Kilometer 63,1. Im Hindergrund ist rechts neben dem Haupt-gleis das Wärterstellwerk Go zu sehen. Links neben den Gleisen sind die Werkhallen des "VEB Thüringer Stahlbau" , ehemals Fa. Ernst Pfeffer zu sehen. Darüber wird noch berichtet.

Hf1.jpg
Mühlweg 1_Schiffmann.jpg

Ein weiterer Bahnübergang befand sich am Streckenkilometer 63,8. Allerdings lag er auf der freien Strecke in Richtung Erfurt Nord, hier kreuzte die Mittelhäuser Straße die Eisenbahnlinie niveaugleich. Er wurde durch eine Halbschranke der Bauart WSSB gesichert. In den Unterlagen der Deutschen Reichsbahn wurde er als Posten 38 geführt. Am alten Postengebäude sehen wir die Trabis warten.

013_Gerald Wohlfahrt.jpg

Zu erkennen ist eine ölgefeuerte schwere Güterzuglokomotive der Baureihe 44, die einen Güterzug aus Richtung Nordhausen nach Erfurt am Haken hat. Mit der Errichtung der Nördlichen Querverbindung wurde das Mittelhäuser Kreuz geschaffen und der Straßenverkehr über eine Brücke geleitet. Der alte Bahnübergang Po 38 konnte entfallen.

Ach so, das Bild zeigt eine ziemlich unordentliche Baustelle. Eines aber ist sicher: die Kabeltrommeln mit dem weißen Dreieck stammen aus dem "VEB Kabelwerk Oberspree Berlin".  Wer sie aber dort so hinterlassen hat. weiß man heute nicht mehr. Jemand muss sie ja bestellt haben...

Schrankenposten 38 bei Gispersleben

Hier in diesem Bereich lag der Bahnüber- gang Po 38. Wir befinden uns unterhalb der damals neu geschaffenen Brücke. Das hintere Gleis ist das Streckengleis Wol-

kramshausen - Erfurt. Das vordere ist das Gleis des  "VEB (K) Erfurter Industriebahn", welches zum Lagerkomplex Gispersleben des  "Kooperationsverbandes Erfurter Frischgemüse" und anderer Betriebe führ-

te. Dieses Eisenbahnverkehrsunterneh-

men gibt es noch heute und führt nun den Namen  "Erfurter Bahn".

Es war mir aber wichtig, es zu erwähnen, weil so zum Ausdruck kommt, dass es noch weitere Gleisanlagen in den Grenzen des Ortes Gispersleben gab und betrieben wurden.

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